Corporate E-Learning und dessen wichtigste Inhaltsarten

Corporate E-Learning am PC und Smartphone

Corporate E-Learning ist eine Art des Distanzlernens (Distance Learning) in der Unternehmenswelt und gehört zu den asynchronen Lernaktivitäten, wohingegen Maßnahmen wie Webinare (nur der/die Sprecher/in spricht) oder Webkonferenzen (alle können sprechen) als synchron gelten. Nachdem dies nun geklärt ist, kommen wir zum Hauptfokus dieser Ausführungen – den verschiedenen Inhaltsarten von Corporate E-Learning und der damit einhergehenden kleinen Überraschung.

Der Großteil aller weltweit eingesetzten Inhalte werden aller Voraussicht nach dem Standard-Content angehören. Dieser steht für die bestimmt mehr als 100.000 generischen Kurse von Anbietern wie LinkedIn Learning, Udemy for Business, GoodHabitz, Skillsoft, Masterplan.com, Haufe, Pink University, Office 365 Akademie und vielen mehr. Und warum heißt es nun „Standard“? Weil diese Kursthemen bzw. deren -ausführungen gewissermaßen für jedes Unternehmen zur Schulung der Mitarbeiter eingesetzt werden können, z.B. Themen wie Projektmanagement, digitale Transformation, Datenschutz oder Microsoft 365. Eine Abwandlung dieser Kategorie stellt branchenspezifischer Standard-Content dar. Hierbei werden speziell für Branchen konzipierte Inhalte zur Verfügung gestellt, die dann für jedes Unternehmen der anvisierten Branche eingesetzt werden können (z.B. Vocanto mit Inhalten für Elektroniker und Mechatroniker).

Die zweite offensichtliche Kategorie stellt der Individual-Content dar. Hunderte Agenturen weltweit und Tausende Inhouse-Experten sind täglich im Einsatz, um mit ebenfalls zahlreichen Autorentools individualisierte Lernerlebnisse zur exklusiven Verwendung in einem Unternehmen zu kreieren. Hierbei spielen häufig eher Themen wie Code of Conduct, Leitbild, Employer Branding, Unternehmensprozesse oder Produkttrainings die Hauptrollen. Diese Inhaltsart bietet naturgemäß die Vorteile der branchen- und unternehmensbezogenen Konzeption von Lerninhalten und versorgt die Teilnehmer mit einer höheren Identifikation und Authentizität als ein Inhalt von der Stange. Dass damit höhere Kosten und die Bindung von internen Ressourcen einhergehen, versteht sich dabei auch von selbst.

Inhaltsarten im Corporate E-Learning

Inhaltsarten im Corporate E-Learning

Nun wird die Luft schon dünner im E-Club der Inhaltsarten. Als Nummer 3 wird zumeist der sogenannte user-generated Content genannt (nutzergenerierte Inhalte), aber was genau dieser darstellt, ist schon schwieriger zu beantworten. Das eine Lager sagt, dass damit Inhalte gemeint sind, die von den Mitarbeitern (ergo den "Usern" von Corporate Learning) geteilt werden, wie z.B. Artikel, TED-Talks oder YouTube-Videos. Da diese Art von Inhalten von den Usern nicht wirklich generiert werden - sondern eher kuratiert, sollte diese Inhaltsart idealerweise auch so bezeichnet werden: user-curated Content. Andere widerum sind der Meinung, dass nutzergenerierte Inhalte von den Fachexperten im Unternehmen erstellt werden. Hier stimme ich zwar inhaltlich zu, präferiere aber eine passendere Benennung: specialist-generated Content. In diesem Bereich hinken viele Unternehmen den Ansprüchen hinterher und haben noch kein passendes Setup für die praktikable E-Learning-Kreation inhouse von Fachexperten gefunden (SMEs). Zumeist müht sich ein kleines E-Learning-Team darum, die zahlenmäßig dramatisch überlegenen Fachbereiche mit der Produktion zufrieden zu stellen.

Teilerfolge können häufig mit den Bordmitteln der Lernmanagementsysteme gefeiert werden, indem PDFs, PPTs, Quizzes & Co. in klassischer E-Learning-1.0-Manier kombiniert werden. Dies ist zweifelsohne zielführend, aber doch weit entfernt vom nachhaltigen und interaktiven Lernen! Eine weitere Halbzeitführung wird oft mit einer Abwandlung des specialist-generated Content erreicht - dem specialist-updated Content. In kurz: Die interne E-Learning-Abteilung, gewisse Standard Content-Anbieter und/oder externe Agenturen kümmern sich um die Erstellung von hochwertigen Lernmodulen und die Fachexperten übernehmen sofort im Anschluss die Inhaltsverantwortung, inkl. Aktualisierungen, Erweiterungen und Lokalisierungen. Auch dies ist bestimmt zielführend, aber langfristig bleibt auch hierbei das typische Bottle Neck-Problem der immer noch unterzähligen E-Learning-Spezialisten bestehen. Nun muss also der Endgegner her - das Setup mit welchem ALLE Fachexperten eines Unternehmens in die Lage versetzt werden, eigenständig Lerninhalte auf dem Niveau eines anspruchvollen E-Learnings zu erstellen, aktualisieren, erweitern und zu lokalisieren.

Autorentools für specialist-generated Content durch Fachexperten

Da kommt doch glatt die Frage auf "Welches Tool eignet sich denn dazu?". Keine Antwort dazu wird Articulate Storyline oder Adobe Captivate heißen, auch wenn diese unangefochten die Lieblinge der E-Learning-Pros sind (und gerne auch bleiben dürfen). Hier wird definitiv ein Tool für E-Learning-Beginner (zur schnellen Einarbeitung) und für Subject Matter Experts (zur gelegentlichen Nutzung) gesucht. Dazu ein kleiner Auszug geeigneter Tools (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Articulate Rise

    • einfach und schnell zu bedienen, tatsächlich responsives Design und leichte Lokalisierung

    • stark monotones Lernerlebnis und keinerlei didaktische Unterstützung

  • iSpring Suite

    • unkompliziert und schnell zu bedienen, da es als Add-on für PowerPoint auf bewährte Technik setzt und lässt mittelstark ausgeprägte Lernerlebnisvariationen zu

    • leicht monotones Lernerlebnis, nicht wirklich responsiv und keinerlei didaktische Unterstützung

  • FLOWSPARKS

    • grundsätzlich leicht und schnell zu bedienen, tatsächlich responsives Design, leichte Lokalisierung, Aktualisierungen in Echtzeit, didaktische Unterstützung und stark ausgeprägte Lernerlebnisvariationen möglich

    • leicht höhere Kosten, erhöhte Mindestanzahl an Autoren (je nach Tarif 5 oder 10) und einige wenige der 30 didaktischen Vorlagen des Premiumtarifs bringen einen erhöhten Trainingsbedarf mit sich (gilt nicht für die anderen Tarife)

  • und einige mehr

Doch warum jetzt so viel Aufregung um die Nummer 4? Weil diese Inhaltsart im Corporate E-Learning eigentlich die wahre Number One ist! Die zuvor genannten Themen sind in einem Akademie- und Trainingsbereich des Unternehmens zwar nicht mehr wegzudenken – allgemeine Prozesse, Lehren und Tools müssen beherrscht werden, gesetzlich vorgegebene Compliance-Schulungen gilt es zu dokumentieren und Mitarbeiter sollten auch auf Soft Skill-Ebene weiterentwickelt werden. Aber der wirklich erfolgskritische Wettbewerbsvorteil schlummert im Wissen der eigenen Mitarbeiter. Unterteilt einerseits in das explizite bzw. ausdrückliche Wissen (Expressive Knowledge), das sich leicht artikulieren, kodifizieren, speichern sowie abrufen lässt und das leicht an andere weitergegeben werden kann. Andererseits kommt hierbei noch das implizite bzw. stille Wissen (Tacit Knowledge) zum Tragen, welches sich vereinfacht ausgedrückt um das „können, ohne sagen zu können, wie“ dreht. Ein Mitarbeiter „weiß, wie es geht“, aber sein Wissen steckt implizit in seinem Können, ihm fehlen die Worte, um dieses Können zu beschreiben oder es anderen verbal zu vermitteln. Folglich gilt es hier dank der von Fachexperten generierten und verwalteten Inhalte (specialist-generated und specialist-updated Content) das unternehmenseigene implizite Wissen auszuschöpfen, zu multiplizieren und zu konservieren – über die Abgänge von erfahrenen Mitarbeitern hinaus.

Hoffentlich war die Überraschung mit dem Hidden Champion des Corporate E-Learnings nicht allzu schockierend, falls ja, freue ich mich über eine SCORM-Datei mit den Metadaten des Schocks per Brief an mein Postfach;-)

Alexander Iliasa

Hier findet ihr den passenden Vlog zu diesem Thema:

Zurück
Zurück

Lernmanagementsysteme (LMS) im Zeitalter von New Learning