Welche E-Learning-Eigenschaften gilt es aufzulisten?

Dieser Artikel wagt sich an einen Versuch, das sehr umfangreiche, sich stetig wandelnde und bestimmt auch lokal geprägte Thema E-Learning fortlaufend zu durchleuchten und um neue Charaktermerkmale zu ergänzen. Welche E-Learning-Eigenschaften fallen euch hierzu ein? So könnt ihr euch hier einbringen über die Kommentarfunktion. Sobald euch etwas auffällt, was dieser unsortierten Auflistung noch fehlt, teilt es uns zur Durchsicht einfach mit.

Jetzt geht es los mit dem Startschuss und den ersten 13 Merkmalen am 22.11.23:

Team erörtert die E-Learning-Eigenschaften

E-Learning-Eigenschaften in nicht-chronologischer Reihenfolge:

  • Ein Charaktermerkmal ist, dass wir bei einem E-Learning vorweg immer zunächst über eine inhaltliche Reduzierung sprechen müssen. Im Umkehrschluss ist ein Medium wie das Video oder ein Text besser dazu geeignet, um eine sehr hohe Dichte an Informationen pro Minute an den Zuhörer oder Leser zu vermitteln. Diese Reduktion beruht darauf, dass E-Learning weitere Zusatzaufgaben im Vergleich zu anderen Medien übernehmen muss, auf die wir im Laufe des Artikels noch eingehen.

  • Eine zweite E-Learning-Eigenschaft ist, dass wir beim E-Learning in der Regel von einem leicht geringerem bis zu komplett fehlendem Interesse seitens des Teilnehmenden ausgehen müssen. Im Detail finden sich die Lernenden in folgenden drei Kategorien wieder:

    • Sie müssen einen Kurs durchführen, ohne jegliche Eigenmotivation. Dies ist vorwiegend im Rahmen von verpflichtenden Compliance-Kursen der Fall (z.B. Datenschutz oder Anti-Korruption).

    • Sie sind ganz neu in einer Firma oder Abteilung und befinden sich in der aufregenden, aber auch sehr kräftezehrenden Situation eines Onboardings. Man wünscht sich die Möglichkeit eines nach vorn „beamens“ in die Zukunft hin zum Status der Beherrschung und Vertrautheit im Rahmen der neuen beruflichen Herausforderung. 

    • Sie nehmen komplett oder teilweise freiwillig und intrinsisch motiviert an einer Weiterbildung teil. Wo liegt denn hier ein Desinteresse vor? Hier beziehe ich mich speziell auf die Situation vor einer tatsächlichen Lernsession. Nur weil ein Teil in mir sich weiterentwickeln und für höhere Aufgaben empfehlen will, ist es dennoch eine Überwindung, dies in meinen beruflichen Alltag mit vollem Terminkalender einzubinden. Also auch hier gibt es einen Moment der Überwindung vor dem Drücken auf Start.

    • Vergleichen wir nun die Punkte 1 & 2 mit unserer Freizeitgestaltung, wird verdeutlicht, dass wir hier den Wissenstransfer über ein Seminar, Webinar, YouTube-Video, TED-Talk, Podcast, Artikel oder Buch favorisieren. Wir wünschen uns die höchstmögliche Informationsdichte, da wir hier aus vollem Interesse diese Themen erkunden, erfahren oder erlernen wollen.

  • Das nächste Charakteristika beschreibt eine erste Zusatzaufgabe von E-Learning. Durch eine integrierte Interaktivität erhöht dieses Medium die Aufmerksamkeitsspanne der leicht desinteressierten und gestressten Teilnehmenden. Mit dem Stress deute ich auf den Umstand hin, dass ein Mitarbeiter die Lernmaßnahmen i.d.R. neben den alltäglichen Aufgaben, Terminen und Verantwortlichkeiten zu absolvieren hat. Dieser Umstand multipliziert je nach Rahmenbedingungen die Lernhürde.  

    Wir benötigen also eine regelmäßige Interaktivität, wir setzen auf eingeplante Pausen (Lerneinheiten liegen jeweils zwischen 5 und 15 Minuten) und kreieren Momente der inhaltlichen Entschleunigung. Diese Momente unterstützen uns insbesondere bei der Erreichung der zuvor anvisierten Lernziele. 

  • Den gleichen Zusatzauftrag verfolgt auch das Merkmal des Medienbruchs. Hierbei gilt es für ein E-Learning bewusst verschiedene Medien miteinander zu kombinieren, um mit den jeweiligen Wechseln für die durchgängige Aufmerksamkeit der Teilnehmenden zu sorgen.

  • Bei dem einen oder anderen hat sich die nächste Eigenschaft von E-Learning etwas negativ in dessen Verständnis platziert – meiner Meinung nach aber zu Unrecht. E-Learning bedingt ein Tracking der Teilnahme, des Durcharbeitens und des erfolgreichen Bestehens der Lernkontrolle. Ohne diese Dokumentation der Lernaktivitäten fehlt der wohl wesentlichste Teil von E-Learning im Einsatz professioneller, automatisierter und nachhaltiger Personalentwicklung! 

    Zudem erhöht diese Kontrolle den fairen und demokratischen Zugang und Umgang von Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb eines Unternehmens. Auch hier kommen wir nicht um eine Referenz auf bereits besagte Aspekte zum Thema Desinteresse umher. Wer aus kompletter Eigeninitiative hinaus, einem Experten auf YouTube anderthalb Stunden an den Lippen hängt und dabei dank hoher Aufmerksamkeitsspanne inhaltlich fast alles aufnehmen kann, der benötigt i.d.R. dafür keinerlei externe Anerkennung für seinen Lern- und Zeitaufwand.

    Tue ich dies aber aufgrund von zugewiesenen oder empfohlenen Kursaktivitäten am Arbeitsplatz, bedarf es eben genau dieser Anerkennung dafür – und ohne Tracking kann kein Lernerfolg begutachtet und attestiert werden. Gleiches gilt auch aus Unternehmensperspektive. Im Rahmen von Compliance bin ich gesetzlich und moralisch dazu verpflichtet, die Konformität besagter Rahmenbedingungen zu dokumentieren. Es fördert zudem die Verbindlichkeit bei den etwas „trockeneren“ Themen und fördert indirekt die Sicherheit des Arbeitsplatzes und den Unternehmenserfolg. 

    In kurz unterstützt uns das Tracking dabei, jede Minute an Zeiteinsatz aller Beteiligten und jeden Euro der Unternehmensinvestition zu respektieren und honorieren – gewissermaßen „Lerne Gutes und spreche darüber“. 

  • Die besagte Lernkontrolle trägt auch zur Demokratisierung bei. Sie sorgt für 100% an Objektivität auf Ebene der Wissensabfrage und ermöglicht der Organisation eine viel diversere Streuung des Zugangs. Niemand muss die Ergebnisse mühselig be- und auswerten und fällt somit als Bottle Neck weg. Also hin zur systematischen Großzuweisung auf Gruppen- oder Parameterebene und weg von der subjektiven Kleinauswahl und den persönlichen Parametern weniger Führungskräfte. 

  • Demokratischer wird es auch aufgrund des Merkmals der Asynchronität. Denn nur E-Learning ermöglicht es, jegliche Personengruppen einzubinden, egal wo sie wohnen, egal welcher Zeitzone sie angehören, egal in welchem Zeitmodell sie momentan ihrer Karriere nachgehen und im Idealfall auch egal in welcher Muttersprache sie lernen möchten bzw. können. 

  • Aus Unternehmensperspektive sticht uns bei den E-Learning-Eigenschaften auch das Ziel der Wissenskonservierung hervor. Ähnlich wie video- oder audiobasierte Aufzeichnungen, stellt auch E-Learning einen Wissenstransfer nach dem Weggang von Fachexperten und Vor-Ort-Trainern sowie deren Know-how sicher. Dazu empfiehlt es sich, die besagten Stakeholder in das E-Learning-Konzept einzubeziehen und mit neuen bzw. angepassten Karrieremöglichkeiten positiv auf einen Wandel hin zur demokratischen Asynchronität zu stimmen. Lokale LIVE-Trainer werden zu globalen E-Learning-Autoren oder widmen sich vermehrt dem Thema Blended Learning hinzu.

  • Die Gestaltung und Ästhetik von E-Learnings stellt genauso eine Visitenkarte des Unternehmens als Marke und als Arbeitgeber dar, wie es andere visuell erlebbare Medien aus Marketingabteilung & Co. tun. Es erklärt sich daher von selbst, dass ein grafisch anspruchsvolle Umsetzung mit zeitgemäßen Mitteln in der Kurserstellung zu favorisieren ist. 

  • Ergänzend möchte ich kurz auf das Thema rund um die Lerndauer von E-Learnings eingehen. In den vergangenen Jahren bekam E-Learning vermehrt von vielen Seiten den sogenannten Microlearning-Ansatz auf gestülpt. Dazu gibt es Aussagen in unserer Branche, die suggerieren, dass ein E-Learning die magischen 15 Minuten nicht überschreiten sollte. Ich möchte hier einmal klarstellen, dass das nicht bedeutet, dass ein Kurs an sich nicht mehr als 15 Minuten dauern darf. Erinnern wir uns hierbei an den benötigten Raum für Entschleunigung, fokussierende Momente, Interaktivität, Reflexion etc. – dann wird schnell klar, dass sich kaum vollständige Themen in diesem Zeitraum umsetzen lassen. Die Länge einer einzelnen Lerneinheit sollte aber gerne die 15-Minuten-Grenze im Blick behalten. 

Was fehlt euch noch hier an E-Learning-Eigenschaften?
Seht ihr einen Punkt eventuell komplett anders?

Diskutiert bitte mit und bringt Vorschläge für weitere Merkmale als Kommentare mit ein, damit diese Definition der E-Learning-Eigenschaften seinem Anspruch nachkommen kann. Ihr könnt diese Vorschläge auch gerne direkt bei unserem LinkedIn-Post hinterlassen.

Zurück
Zurück

Welche Rolle nimmt KI – Künstliche Intelligenz in E-Learning ein?

Weiter
Weiter

Halbsynchrones Lernen: Was ist kohortenbasiertes E-Learning?